iOS 9 auf dem iPhone 5

Viel ist schon geschrieben worden über iOS 9, schließlich sind die Betas schon seit langem verfügbar. Da ich als Apple-Entwickler jedoch eher negative Erfahrungen mit Betas hatte, habe ich bis zur Release gewartet, iOS 9 auf meinem iPhone 5 zu installieren.

Die neuen Features sind hinlänglich bekannt und werden auf anderen Seiten ausführlich erläutert, daher folgen nun eher persönliche Eindrücke.

Nachrichten

Ein großes Problem, das bei mir unter iOS 8 auftrat, war die Nachrichten-App und meine scheinbar zu große Nachrichten-Datenbank. Die war mit knapp 20MB scheinbar zu groß, damit das iPhone noch korrekt damit umgehen konnte. Ein Schließen der Nachrichten-App führte zuverlässig zu folgendem Problem, das aber auch durch Löschen einzelner Nachrichten oder Konversationen ausgelöst werden konnte.

Zunächst erhielt man keine Nachrichten mehr: Erhaltene SMS verschwanden komplett im Nirvana, iMessages wurden erst nach dem kompletten iPhone-Neustart angezeigt. Öffnete man die Nachrichten-App nach dem Schließen erneut, war die Liste komplett leer. Erst ein Neustart vom iPhone half hier weiter und zeigte die alte Liste an, allerdings auch die Nachrichten, die man eigentlich schon gelöscht hatte. Das war etwas nervig, denn dass iOS ab einer gewissen Größe der Nachrichten-Datenbank Probleme macht, wäre ja noch zu akzeptieren, aber wenn man die Datenbank auch nicht mehr kleiner kriegt, ist man in einem Teufelskreis gefangen.

iOS 9 scheint dieses Problem gelöst zu haben. Zwar hängt die Nachrichten-App teilweise noch, wenn man eine ganze Konversation löscht, aber gelöschte Sachen tauchen nicht mehr auf und SMS lassen sich weiterhin empfangen. Endlich!

iCloud und iTunes

Eine meiner Bedenken beim Wechsel auf iOS 9 war die Kompatibilität mit meiner bisherigen Umgebung: Als sturer Mountain Lion/Mavericks-Nutzer, der noch iOS 6-Geräte im Haus hat, kann ich mit iCloud Drive genauso wenig anfangen wie mit dem neuen (hässlichen) iTunes. iOS 9 macht hier leider gleich zwei Striche durch die Rechnung.

iOS 9 benötigt mindestens iTunes 12, um zu synchronisieren.
iOS 9 benötigt mindestens iTunes 12, um zu synchronisieren.

Das Update auf iOS 9 habe ich am Mac unter Mountain Lion und iTunes 11 gemacht. Das funktionierte problemlos, auch die Synchronisierung und das Backup gingen danach wunderbar. Einen halben Tag später melde iTunes jedoch, ich möge bitte auf die neue Version aktualisieren, wenn ich synchronisieren möchte. Einen Work-Around scheint es (noch) nicht zu geben. Seltsam nur, dass es direkt nach dem Update noch ging.

Update: Die ganze Fadenscheinigkeit wird durch die Tatsache unterstützt, dass iTunes 11 wohl problemlos iOS 9-Geräte synchronisieren kann, wenn das Update auf iOS 9 nicht über iTunes, sondern direkt auf dem Gerät ausgeführt wurde – auch unter iOS 9.0.1 und 9.0.2. Wer also noch nicht auf iOS 9 umgestiegen ist, sollte das Update wohl besser direkt auf dem Gerät machen.

Mit iOS 9 wurde auch die „klassische“ iCloud abgeschafft: Wer kein iCloud Drive benutzt, wird mit iOS 9 gar keinen Zugriff mehr auf die „klassische“ Cloud haben, wie noch unter iOS 8. Das ist ärgerlich für Nutzer vor OS X 10.10, die beispielsweise iWork-Dokumente in der Cloud speicherten und per iPhone abriefen, aber auch für vSSH, das über die iCloud die Verbindungen synchronisierte. Alle anderen iCloud-Features, wie die Synchronisation von Kontakten, Kalender, Lesezeichen, Fotos und Passwörtern funktionieren aber nach wie vor.

Multitasking

Mit iOS 9 hat man auch den seit iOS 7 geänderten Task-Manager (wieder einmal) ausgetauscht. Die Apps werden nun leicht überlagert und wesentlich größer als vorher angezeigt. Die Übersichtlichkeit leidet etwas darunter und bis zum Ende hat man das ganze auch nicht durchdacht: Während man unter iOS 7 und 8 durch Wischen über die Icons schnell durchscrollen konnte, ist man unter iOS 9 wieder darauf angewiesen, schnell zu wischen. Will man einen durch schnelles Wischen ausgelösten Scrollvorgang anhalten, indem man einen Finger auf den Bildschirm legt, öffnet sich ärgerlicherweise gleich die App, die zu dem Zeitpunkt an oberster Stelle war.

Notizen

Eine kombinierte Ansicht von lokalen und in Mail-Postfächern gespeicherten Notizen gibt es in iOS 9 nicht.
Eine kombinierte Ansicht von lokalen und in Mail-Postfächern gespeicherten Notizen gibt es in iOS 9 nicht.

Neu in iOS 9 sind auch neue Funktionen in den Notizen: Neben Text kann man auch nun Checkboxen, Fotos und eigene Zeichnungen einfügen. Prinzipiell eine echte Aufwertung. Während man bisher die Notizen ins Mail-Postfach synchronisieren konnte, werden die neuen Notizen nun per iCloud synchronisiert, zum Anzeigen und Bearbeiten benötigt man auf Macs das (noch) nicht erschienene OS X 10.11.

Bisher konnten die Notizen in ein Mail-Postfach synchronisiert werden. Dazu wurde dort ein neuer Ordner angelegt und die Notizen effektiv als Mails abgelegt. Hilfreich, wenn man im Notfall mal über Webmail (oder andere Clients) auf die Notizen kommen wollte. Das geht auch noch unter der neuen Notizen-App, allerdings nicht mit den neuen Features, diese werden lokal abgelegt und per iCloud synchronisiert. Ärgerlich nur, dass die neue App nicht mehr lokale („neue“) Notizen und („alte“) Notizen in Mail-Postfächern in einer Liste darstellen kann. In der Übersicht fehlt die Option „Alle Notizen“, stattdessen muss man die einzelnen Ordner aufrufen.

Zurück

Eine nette Neuerung in iOS 9 ist auch die Zurück-Schaltfläche beim App-Wechsel. Wechselt man aus einer Mail in Safari durch Anklicken eines Links, so taucht statt dem Netzbetreiber oben links „Zurück zu Mail“ auf. Leider wurde das nicht konsequent durchgesetzt: Apps, die eingeschaltetes Bluetooth erfordern, zeigen eine Systemmeldung an, dass Bluetooth aktiviert werden muss. Wer mit dieser Meldung in die Einstellungen wechselt, um Bluetooth zu aktivieren, muss weiterhin durch den Task-Manager in die App zurück wechseln.

Tastatur

Ein von scheinbar vielen Leuten erwartetes Feature ist die Kleinschreibung in der Tastatur. Ist man dabei, Kleinbuchstaben zu schreiben, zeigt die Tastatur nun auch tatsächlich nur kleingeschriebene Buchstaben an. Persönliche finde ich, dass dieses Feature eher zur Unruhe beiträgt, so dass ich froh war, es in den Bedienungshilfen unter „Tastatur“ abschalten zu können.

App Transport Security

Eine wichtige Neuerung, die ich beiläufig vor fast einem Jahr mal gelesen habe: Apps können nun standardmäßig keine ungesicherten HTTP-Verbindung mehr aufbauen. Wer also für den Eigenbedarf ein paar Apps programmierte, die im lokalen Netzwerk per HTTP kommunizieren, wird sich nun ein wenig wundern, dass das nicht mehr funktioniert. Kann man aber über HTTPS oder durch entsprechende Eintragungen in der Info.plist umgehen.

Wecker

Zuguterletzt noch Bugfix zu einem Problem, das mir seit längerem regelmäßig auf die Nerven ging: Seit iOS 7 konnte die Uhr-App beim Einstellen eines Weckers sinnloserweise ins Querformat wechseln (aber auch nur dort). Das war besonders nervig, wenn man schon im Bett in der Horizontalen liegt und noch schnell den Wecker stellen möchte. Mit iOS 9 wurde dieses Manko endlich behoben.

Fazit

Wer kein iPad oder die neuen Geräte benutzt, für den ist iOS 9 lediglich ein iOS 8.5: Viele neue Features gibt es nicht, stattdessen wurden bei vielen Kleinigkeiten Verbesserungen eingebaut und Fehler behoben. Die Geschwindigkeit hat sich kaum verändert, weder ins Positive noch ins Negative. Die mangelnde Kompatibilität mit älteren iOS- und OS X-Versionen mag ein Grund sein, mit dem Update noch zu warten, bis man die eigenen Macs auf neue Versionen aktualisiert hat oder sich an das neue iTunes gewöhnt hat. Ansonsten gibt es allerdings wenig Gründe, die gegen ein Update sprechen.